Novembertörn

Bericht 2015

Sparrow am Haken

Wir schreiben das Jahr anno 2015 – die dem Ijsselmeer anliegenden Häfen richten sich für den Winterschlaf – Alle??? Nein, ein kleiner Hafen im Nordosten des Ijsselmeers wird zum elften Mal von segelfreudigen Rheinländern geentert – der kleine Hafen heißt Workum und beheimatet den Charterservice des Ehepaars Rita und Wolfgang Henneböhl. Von hier startet der legendäre Novembertörn – erstmalig 2005 mit 2 Schiffen mit den Skippern Dirk Exner und Volker Stappen. 10 Jahre gibt es nun dieses „Absegeln“ und es erfreut sich zunehmender Beliebtheit.

Sparrow2015_1Ich bin in diesem Jahr zum fünften Mal dabei – meine Tochter zu meiner Freude schon das zweite Mal – es ist einfach eine wunderbare Gelegenheit das Segeljahr zu beenden. In diesem Jahr hat Dirk mich auf der Sparrow eingeteilt – mit Skipper Axel „Kibbi“ und der Crew Michael, Dirk, Anna und Wolf. Am Mittwoch ist Anreise. Anna, Wolf und ich sind schon früh vor Ort und übernehmen Einkauf und Schiff einräumen. Am frühen Abend trudeln Michael und Dirk ein und gegen halb 9 taucht auch unser Skipper im Niedergang auf. Keine 5 Minuten vergehen und es ist sonnenklar, dass dies ein toller Törn wird, denn die Chemie unter den 6 völlig verschiedenen Menschen stimmt sofort. Der Abend wird mit einem köstlichen Abendessen unseres Skippers eingeläutet und endet noch vor Mitternacht nach der Sicherheitseinweisung Teil 1 unter Deck. Plan für den nächsten Tag ist das Nachmittägliche Treffen im Fischerhafen in Makkum geplant – wo auch weitere Schiffe aus Lemmer und Warns zu uns stoßen werden.

Am 22. Oktober 2015 legen wir um die Mittagszeit in Workum ab und nehmen Kurs „raus aufs Ijsselmeer“, um ein bisschen rumzuschippern – ein paar Manöver üben, Schiff kennenlernen und schauen, was der einzelne so segeltechnisch aufzuweisen hat. Irgendwann gegen 14 Uhr stellt sich die Frage, ob wir weiter rumschippern oder eventuell Hindeloopen einen Besuch abstatten – Dörfchen anschauen und vielleicht ein wenig Kibbeling verspeisen. Denn für Kurs Makkum ist es uns noch zu früh.

Abgestimmt ist schnell und so nehmen wir Kurs auf Hindeloopen. Anständig – wie wir Deutschen so sind – steuern wir brav das Fahrwasser an. Grün steuerbord – rot backbord – wie aus dem Bilderbuch J!! Auf einmal fällt uns allen ein niederländisches Dickschiff auf, dass sich von steuerbord nähert, aber dabei nicht im Fahrwasser ist, sondern durch die etwas flacheren Bereiche fährt – leider sind dort aber auch diverse Fischerfähnchen zu sehen, die recht nah am Fahrwasser angebracht sind  – jeder weiß genau, was das heißt!!! Nun ja, wir denken uns dabei nichts Böses und fahren weiter.  Das niederländische Schiff kommt vor uns ins Fahrwasser und wir schenken ihm keine Aufmerksamkeit mehr. Aber dann ist da auf einmal ein Fischerfähnchen etwa eine halbe Schiffslänge steuerbord voraus – Wo kommt das her!!! Ich stehe am Ruder und gehe das Problem „logisch“ an: Fischerfahne steuerbord, also muss das Netz weiter rechts davon sein – also noch weiter steuerbord – also nehme ich den Weg zwischen roter Backbordtonne und Fahne und fahre in den Hafen ein. Im alten Fischerhafen wollen wir anlegen – gerade als ich eine kleine Runde fahren möchte, damit wir steuerbord anlegen können – geht der Motor aus. Mit Axel versuche ich das Ding wieder in Gang zu bringen – aber sobald wir Vorwärts- oder Rückwärtsgang einlegen geht der Motor wieder aus. Vom Wind lassen wir uns sanft an die Kaimauer treiben und machen dort erst einmal fest. Es folgen noch einige Versuche den Motor in Gang zu bringen, aber Fehlanzeige. Schnell ist klar, dass etwas die Schraube blockiert. Wir vermuten ein Tau oder ähnliches, dass im Wasser getrieben ist und das wir „eingesammelt“ haben. Auf einmal werden wir auf das niederländische Schiff aufmerksam, dass um die Ecke am Kai liegt. Irgendetwas versucht die Besatzung vom Schiff wegzubekommen.

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Dann fällt uns die Fischerfahne auf, die neben dem Schiff auf dem Boden liegt – daran hängt ein Netz. Ich packe mir das Netz und ziehe und ziehe daran. Tja und was müssen wir feststellen – unser Schiff hängt in diesem Netz. Unser Kibbi sucht sofort nach einer Taucherbrille und will ins Wasser steigen, um das Netz los zuschneiden. Wir sind davon wenig begeistert. Mit dem Hafenmeister geht Axel auf die Suche nach einer Taucherbrille. Hoffentlich ohne Erfolg – denken wir!!! Kurze Zeit später teilt mir Axel per Handy mit, dass gleich 2 Jungs vom Hafen kommen und unser Schiff in Schlepp nehmen – es muss gekrant werden – tauchen sagen die ist verrückt – das Wasser ist viel zu kalt und zu dreckig. Kurz darauf kommt so eine kleine metallene Jolle mit 2 Jungs an Bord um die Ecke – einer kommt zu uns an Bord und der andere nimmt unsere Sparrow in Schlepp. Ganz easy, als wenn sie ein kleines Plastikböötchen im Schlepp hätten manövrieren sie uns zum Kran – im hintersten Ecken des Hafen. In einiger Entfernung zu unserem „Warte-Liegeplatz“ löst der Mann in der Jolle die Leinen und wir treiben mit dem letzten Schwung an die Kaimauer. Wir nutzen die Wartezeit für ein Tässchen Kaffee mit Kuchen und dann trudelt auch so langsam unser Skipper wieder ein. Er hat in Erfahrung gebracht, dass es sich wohl um einen Fischerwettbewerb handelt – daher auch die vielen Netze, die auch ein wenig zu nah am Fahrwasser angebracht sind. Mittlerweile ist es halb vier. Ich habe bereits vor einiger Zeit Dirk informiert – damit sich keiner Sorgenmacht -, dass es sein könnte, dass wir eventuell  nicht nach Makkum kommen, da wir nicht wissen, wie lange die Aktion hier dauern wird. Gegen vier Uhr ist dann der Kranplatz frei und unser Schiffchen wird mit Bootshaken in die Kranbox gefahren. Da Anna, Wolf und ich dies zu spät bemerkt haben, können wir erst in der Box das Boot verlassen.

Und dann geht es los. Wir stehen alle gebannt am Rand und beobachten, wie die Sparrow Zentimeter für Zentimeter aus dem Wasser gehoben wird – und was sehen wir: ein NETZ!!! Ein Hafenarbeiter zieht nochmal „gefühlte“  100 m Netz aus dem Wasser, obwohl vor dem Schleppen schon eine Menge abgeschnitten wurde. Der Kran fährt langsam auf Land und nun kann die Arbeit beginnen – mit 3 Mann, davon ist einer der Besitzer unseres „Fangs“, und diversen scharfen Messer wird dem Netz zu Leibe gerückt, aber letztendlich muss die Schraube demontiert werden, da sonst das Netz nicht komplett abzubekommen ist. Unser Skipper hätte dies tauchenderweise NIEMALS geschafft. Gegen 16:20 Uhr ist unser Schiff befreit und wird wieder ins Wasser gelassen. Dann kommt der Moment – läuft der Motor???  JAAAA!!!! Zu unserer großen Freude – wir bedanken uns herzlich bei den Jungs und dann geht es ab Richtung Makkum!!! Unsere kleine „Zwangspause“ hat etwa 2 Stunden gedauert 😉 Kosten sind hierfür nicht entstanden – auch kein Versicherungsfall, da die Fischer das „unter sich“ geregelt haben.

Sparrow2015_5Um 18:05 Uhr legen wir in Makkum im Fischerhafen an – glücklich heil dort angekommen zu sein!!! Nach dem wohlverdienten Anlegen wollen wir zur weltbesten Kibbelingbude – aber…NIX!!! Die haben um 18 Uhr geschlossen und auch die charmanten Überredungskünste von unserem Dirk bescheren uns keinen Kibbeling – stattdessen gibt des Sahne- und Bismarckhering und superlecker kleine Pellkartoffeln!!! Bei Gesang und viel Gelächter geht dieser Tag  zu Ende – traumhafte Crew – denn als wir in der misslichen Lage waren – haben alle 6 die Ruhe bewahrt – jeder hat sich eingebracht, damit das Schiff sicher am Kai anlegen konnte und mit Bedacht wurde das Problem angegangen.

Unser Abenteuer hat sich natürlich bereits rumgesprochen und es gibt an diesem Abend viel zu erzählen.

Was haben wir aus dieser Geschichte gelernt – GROSSEN BOGEN UM DIESE KLEINEN FISCHERFÄHNCHEN UND NICHT SCHNIBBELN – AUCH WENN ES NOCH SO LOCKT!!!

Im Namen der Crew der Sparrow

Michaela Walter (Co-Skipper)